Gemeinsame Pressemitteilung des Ratsherrn Andreas Kluckhuhn und des bürgerschaftlichen Mitglieds Dr. Burkhard Weber für die SPD-Rathausfraktion und der SPD-Landtagsabgeordneten Kirsten Eickhoff-Weber zum Bau und Betrieb von Milchtrocknungswerk und Käserei:
Im Industriegebiet Süd werden ein Milchtrocknungswerk (MTW) und eine Käserei betrieben. Die Geschichte zur Ansiedlung dieser beiden Milchbetriebe beginnt im Jahre 2006. In ersten Gesprächen zwischen der Stadt und Investoren, zu denen die Meierei Wasbek gehörte, wurde zunächst über Flächen für ein MTW verhandelt. Die Verhandlungen wurden dann aber nicht fortgesetzt.
Anfang 2010 wurden die Ansiedlungsgespräche wieder aufgenommen, zunächst für das Milchtrocknungswerk (MTW). Der Ratsversammlung wurde im Oktober 2010 die Änderung des Bebauungsplanes 116 zur Beschlussfassung vorgelegt. Dabei ging es um die Gebäudehöhe für einen Lebensmittelbetrieb. Dass nachfolgend die Ratsversammlung vom damaligen Oberbürgermeister um eine Beschlussfassung über die Zustimmung zur MTW-Ansiedlung und zum Verkauf des Grundstücks ersucht wurde, kann heute nach Aktenlage nicht festgestellt werden. Allerdings – nach Gesetz und Hauptsatzung wäre die Zustimmung der Ratsversammlung notwendig gewesen.
In einer „großen Runde“ an der das Umweltministerium, das Landesamt LLUR, die zuständigen Unteren Wasserbehörden, die Stadtverwaltung und die beauftragten Planungsbüros teilnahmen, wurde die Ansiedlung von insgesamt fünf Ausbaustufen – davon sollten zwei auf die Milchtrocknung und drei auf die Käserei entfallen – diskutiert. Dabei wurden das gesamte Ansiedlungsvorhaben und die damit anfallenden 2 Mio. cbm Schmutzwasser für umsetzbar eingestuft, wenn u.a. die Kläranlage der Stadt Neumünster entsprechend ausgebaut und ertüchtigt wird.
Die damalige Landesregierung wollte das Projekt auf den Weg bringen, denn dazu flossen auch Fördergelder in Millionenhöhe an die Investoren. Obwohl die zuständigen Fachdienste der Stadt zum Teil erhebliche Bedenken wegen der Folgen der Ansiedlung insbesondere mit Blick auf die ungeklärte Schmutzwasserentsorgung äußerten, hat der damalige Oberbürgermeister das Projekt – koste es was es wolle – umgesetzt. Gebaut wurde zunächst das MTW, das 2015 in Betrieb genommen wurde.
Im Laufe des weiteren Entscheidungsprozesses wurden in der Stadtverwaltung Stimmen laut, welche auch die finanziellen Aspekte (Stadt trägt Investitionskosten für den Kanalausbau und die erforderliche Ertüchtigung der Kläranlage, das Unternehmen zahlt „nur“ die normale Schmutzwassergebühr) sowie abwasserrechtliche Zugeständnisse kritisiert. Es gab die Zusage seitens der Stadt, 2 Mio. cbm Abwasser behandeln zu können, ansonsten wäre es nicht zur Ansiedlung der Milchbetriebe gekommen. Entscheidungsgrundlage dafür war die Stellungnahme eines von der Stadtverwaltung beauftragten Fachbüros aus 2016. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, die Kläranlage Neumünster schaffe das. Über die erforderliche Ertüchtigung und die Ausbau-Kosten für die Kläranlage wurden keine Aussagen getroffen.
In den Jahren ab 2018 eskalierte die Situation, weil erstmals Kosten und damit finanzielle Auswirkungen für die Stadt auf den Tisch kamen. Mit entsprechenden Vorlagen der Stadtverwaltung befassten sich der Bau- und Vergabeausschuss BVA und auch die Ratsversammlung. Hintergrund waren die Genehmigung sowie die folgende Inbetriebnahme der Käserei und die damit einhergehenden notwendigen Erweiterungen der Kläranlage. Aber auch mögliche Umweltbelastungen wurden thematisiert. Diskussionen um so empfundene Vernebelungstaktiken der Verwaltungsspitze nahmen ihren Lauf. Aber auch in der Öffentlichkeit wuchs die Aufmerksamkeit.
Die Abgeordnete Eickhoff-Weber wollte Genaueres wissen und stellte 2018 drei kleine Anfragen an die Landesregierung. Thema waren die Gewässergüte der Stör, die Genehmigung der Milchbetriebe und Auswirkungen auf die Abwasserentsorgung.
Seitdem sind die Milchtrocknung, die Käserei und die Abwasserproblematik immer wieder Thema in der SPD-Rathausfraktion. Denn die Abwasserentsorgung aus beiden Betrieben gab auch nachfolgend Anlass zur Sorge. Zunächst bereiteten Gerüche aus dem Kanalnetz den Menschen in Wittorf Kummer. „Den Wittorfern stinkts“ titelte der Holsteinische Courier und auch das NDR-Fernsehen berichtete in der Sendung „Markt“. Als Verursacher standen die beiden Milchbetriebe im Verdacht. Mit diversen Anfragen im Bau- und Vergabeausschuss sollte der Sache auf den Grund gegangen werden. Die Untere Wasserbehörde (UWB) gab zu Protokoll, dass die genehmigten Abflussströme aus beiden Werken weit überschritten wurden. Erlaubt sind 800.000 cbm/a, tatsächlich eingeleitet wurden 1,5 Mio. cbm/a. Der Ton wurde schärfer und führte letztlich zu einer Befragung der LLUR-Spitze und zur Akteneinsicht durch den Planungs- und Umweltausschuss und den Bau- und Vergabeausschuss.
Da immer noch Fragen offen sind bzw. in nichtöffentlichen Ausschusssitzungen beraten wurden, hat die Landtagsabgeordnete Eickhoff-Weber im März fünf weitere kleine Anfragen zum Themenkomplex an die Landesregierung gestellt. Kirsten Eickhoff-Weber sagt dazu: „Ich bin da am Ball geblieben, denn es geht um viel Geld für die Stadt, es geht um Stadtentwicklung und um den Schutz der Umwelt. Zu den Fragen muss auch die Landesregierung als obere bzw. oberste Fachaufsicht Stellung nehmen. Und die interessierte Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf umfangreiche Informationen.“
Da nach einem Beschluss der Ratsversammlung mittlerweile auch ein Fachanwaltsbüro mit der Aufarbeitung der umfangreichen Aktenlage beauftragt wurde, liegen hoffentlich bald alle Fakten auf dem Tisch. Ein erster Zwischenbericht soll noch in dieser Woche vorgestellt werden.
Ratsherr Andreas Kluckhuhn stellt dazu fest: „Ich spreche für meine Fraktion aber ich denke auch für die Vertreter anderer Fraktionen, die sich in die komplizierte Materie eingearbeitet haben. Wir werden in den zuständigen Ausschüssen und im Rat nicht nachlassen, Fragen zu stellen. Die Beantwortung wird jetzt hoffentlich vollständig gelingen, da der neue Oberbürgermeister Bergmann das offene Gespräch sucht und nicht mauert.“
Im Nachhinein gehört die Ansiedlung der Käserei und des Milchtrocknungswerks in die Liste der Fehlentscheidungen bei der Standortpolitik des damaligen Oberbürgermeisters und der Wirtschaftsagentur. Nicht die beiden milchverarbeitenden Lebensmittelbetriebe sind das Problem, sondern die in den Ansiedlungsgesprächen zugesicherte Abwasserentsorgung. Die Kläranlage wurde und wird für diese Aufgabe bisher mit einem Aufwand von 8,6 Mio. Euro erweitert. Mit Dr. Burkhard Weber hat die SPD-Fraktion einen ausgewiesenen Fachmann als bürgerschaftliches Mitglied im Bau- und Vergabeausschuss. Er sagt dazu: „Trotz der hohen Investitionen ist die Kläranlage Neumünster am Limit bzw. hat dieses in drei von acht Beurteilungszyklen von je drei Monaten in 2020/21 überschritten. Das bedeutet, in der Stadt des bundesweit anerkannten Lebensmittelinstitutes KIN können sich keine weiteren produzierenden Betriebe der Ernährungswirtschaft ansiedeln. Auch die beiden Milchbetriebe können auf ihren riesigen Grundstücken keine Erweiterungen vornehmen. Dies ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, dass die Betreiber der Käserei ihre Abwassersituation nicht im Griff haben.“
Seitens der SPD-Ratsmitglieder wurde in der jüngsten Fraktionssitzung bekräftigt, dass die Angelegenheit schonungslos aufzuklären ist, um endlich Klarheit über die Zukunft der milchverarbeitenden Betriebe und den noch erforderlichen Ausbau von Kanalnetz und Kläranlage zu schaffen.
Gewässergüte der Stör
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 20.04.2018
Auswirkungen des Milchtrocknungswerkes und der geplanten Käserei in Neumünster auf die Stör
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 28.04.2018
Genehmigung milchverarbeitender Betriebe in Neumünster
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 28.04.2018
Milchverarbeitende Betriebe in Neumünster – Herkunft und Mengen der Milch
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 28.03.2022
Gewässergüte der Stör
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 29.03.2022
Überschreitungen von N- und P-Frachten bei der Einleitung von gereinigtem Abwasser aus der Kläranlage Neumünster in die Stör
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 29.03.2022
Zustand des Harwehgrabens in Neumünster
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 29.03.2022
Ansiedlung milchverarbeitender Betriebe in Neumünster – Verfahrensbeteiligte
Kleine Anfrage Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und Antwort Minister/in für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung 29.03.2022